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„Tag des offenen Denkmals“ im Zeichen der Stadtmauer

Die historische Stadtmauer im Waisenhausgarten.

Am Sonntag, 8. September, findet bundesweit der „Tag des offenen Denkmals“ unter dem Motto „Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte“ statt. In Hildesheim präsentiert die Denkmalschutzbehörde der Stadt an diesem Tag von 11 bis 16 Uhr imWaisenhausgarten die Geschichte und die gegenwärtige Funktion der mittelalterlichen Stadtmauern. Das Motto lautet: „Die Stadtmauer – Städtisches Wahrzeichen und tierischer Lebensraum“. Darüber hinaus ermöglicht der Kunstverein eine Besichtigung des Kehrwiederturms.

 

Die Denkmalschutzbehörde möchte in diesem Jahr im Waisenhausgarten – ein kleines verstecktes Areal zwischen Mühlengraben, Kleiner Venedig und der Stadtmauer Am Steine – die Geschichte und den Verlauf der mittelalterlichen Stadtmauern der Stadt Hildesheim anhand von historischen Darstellungen und Rekonstruktionszeichnungen an einem Infostand präsentieren und steht für Fragen zur Verfügung. Dr. Maike Kozok, Silvia Grimm und Tobias Lembke von der Denkmal­schutz­behörde der Stadt Hildesheim laden alle Interessierten herzlich dazu ein, im Waisenhausgarten die Geschichte der Stadtmauern zu entdecken. Zugänge in den Garten befinden sich an der Kleinen Venedig und Am Steine.

Der BUND und der Ornithologische Verein Hildesheim stellen an diesem Tag mit ihren Infoständen ihre Arbeit vor und erläutern die Bedeutung der Stadtmauer und des Waisenhausgartens für die Tier- und Pflanzenwelt.

Auch der Kehrwiederturm öffnet am „Tag des offenen Denkmals“ seine Pforten.

Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt. Die städtische Feuerwehr bietet frisch gebackene Waffeln an.

Weitere Informationen zum „Tag des offenen Denkmals“ sind unter www.stadt-hildesheim.de/tag-des-offenen-denkmals undwww.tag-des-offenen-denkmals.de erhältlich, Informationen zur Arbeit der Denkmal­schutz­behörde der Stadt Hildesheim unterwww.stadt-hildes­heim.de/denkmalschutz.

Hintergrund

Hildesheim besaß im Mittelalter schon sehr früh eine steinerne Befestigungsanlage. Bischof Bernward ließ seit dem Jahr 994 eine Mauer mit runden Türmen um die Domburg errichten. Doch erst im 12. Jahrhundert erhielt Hildesheim – wie zahlreiche andere Städte auch – eine ausgreifende Stadtmauer. Für das Jahr 1167 ist überliefert, dass die Stadt an vielen Stellen und ganz besonders beim Michaeliskloster ohne Befestigung war. Jeder Bürger war dazu verpflichtet, zur Errichtung und Erhaltung der Stadtbefestigung beizutragen. Diese Stadtmauern

haben sich bis in die Gegenwart in Teilen erhalten und stehen unter Denkmalschutz.

Die Mauer mit ihren Türmen und vorgelagerten Gräben diente vor allem zum Schutz der in der Stadt lebenden Bevölkerung. Es waren nicht nur von außen eindringende Widersacher, die einen Schutz erforderten, sondern auch die unmittelbar benachbarten Konkurrenzstädte Neustadt und Dammstadt.

Für einen gehobenen Wohlstand sorgte vor allem der ungestörte Handel der Bürger mit Tuch oder auch Bier. Die hohen Stadttore besaßen somit eine wichtige Kontrollfunktion, sowohl in Kriegszeiten aber auch in Friedenzeiten. Denn durch die Sperrung der Tore konnte die Stadt ebenso ihre wirtschaftlichen Interessen durchsetzen.

Dennoch ist die Stadt als klar abgegrenztes Gebilde eine Fiktion. Südlich des Godehardiklosters gab es beispielsweise nie eine Stadtmauer. Vor den Mauern lagen die Gärten der Bürger, so dass sich Land und Stadt in vielfacher Weise durchdrangen. Den Stadtmauern mit ihren emporragenden Türmen kam auch symbolische Bedeutung zu. Sie versinnbildlichten Sicherheit und gewachsene Wirtschaftsmacht.

Im 14. und 15. Jahrhundert begann die Stadt mit dem Ausbau der Wehranlagen und errichtete eine aufwendige Wall-Graben-Anlage außerhalb der Stadtmauern. Diese Wallanlagen haben sich ebenfalls bis heute in großen Teilen erhalten. Unmittelbar am Waisenhausgarten verläuft einer der imposantesten Teile der mittelalterlichen Stadtmauer. Sie wurde in den letzten Jahren vom Bewuchs befreit, so dass sie jetzt wieder in ihrer gesamten Erscheinung wahrgenommen werden kann.

Auf historischen Karten der Stadt Hildesheim finden sich entlang beider Seiten des Mühlengrabens eine Vielzahl größerer Gärten, von denen der Waisenhausgarten als einziger erhalten geblieben ist. Dieser gehörte zum 1694 gegründeten ehemaligen lutherischen Waisenhaus, das in den Räumen des vormaligen Franziskanerklosters St. Martini beheimatet war. 2015 wurde die Gartenanlage durch die Robert-Bosch-Schule neugestaltet und dabei durch Umweltschutz­organi­sationen, Stiftungen und die Stadt Hildesheim unterstützt.

Waren Stadtmauern in der Vergangenheit ein wesentliches Element der wehrhaften Stadt, so sind sie jetzt nicht nur ein beeindruckendes Zeugnis von der Bauleistung der damaligen Bewohner, sondern sie bieten auch Insekten und seltenen Pflanzen einen Lebensraum. Damit diese städtischen Wahrzeichen und auch der Waisenhausgarten für zukünftige Generationen erlebbar bleiben, ist die Unterstützung der Bevölkerung dringend notwendig, um dieses grüne Kleinod in der Innenstadt zu bewahren.

Fotos: Stadt Hildesheim