
Der Hildesheimer Nordfriedhof ist ein Spiegelbild der Schrecken der vergangenen hundert Jahre. Dort liegen Gräber von Zwangsarbeitern, Opfern der Bombenangriffe im Februar und März 1945, Kriegsgefangenen und Gefallenen der beiden Weltkriege. Die Stadt Hildesheim gedachte am 27. März mit einer Kranzniederlegung auf dem Nordfriedhof der Zwangsarbeiter überwiegend italienischer Herkunft, die im März und April 1945 in Hildesheim Opfer von Massenhinrichtungen wurden. Wenige Tage vor dem Einmarsch der US-Armee in Hildesheim kamen dabei – eine öffentliche Exekution fand auf dem Marktplatz statt – insgesamt 209 Zwangsarbeiter zu Tode.

„Wir gedenken der Zwangsarbeiter, die um ihre Würde, ihre Gesundheit, ihr Hab und Gut und am Ende um ihr Leben gebracht wurden. Wir gedenken aller, die als sogenannte Feinde des Nationalsozialismus herabgewürdigt wurden, die deshalb schikaniert, inhaftiert, gefoltert und letztendlich ermordet wurden“, so Oberbürgermeister Dr. Ingo Meyer. „Wir müssen die Erinnerung an historisch beispiellose Verbrechen gegen die Menschlichkeit für zukünftige Generationen wachhalten, um Andenken und Mahnung lebendig zu erhalten. Heute, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, haben wir die Verantwortung, den Opfern der Zwangsarbeit gerecht zu werden. Wir müssen sicherstellen, dass ihre Geschichte niemals in Vergessenheit gerät, und wir müssen uns immer wieder bewusstmachen, wie schnell Intoleranz und Unrecht in unserer Gesellschaft wieder Fuß fassen können.“
Im weiteren Verlauf der Gedenkveranstaltung erinnerten der italienische Generalkonsul David Michelut, Markus Roloff (Projekt Vernetztes Erinnern der Volkshochschule Hildesheim) und Enzo Iacovozzi (Präsident der Deutsch-Italienischen Gesellschaft Hildesheim) an die Opfer. Stadtdechant i. R. Wolfgang Voges sprach ein geistliches Wort, der Internationale Chor sorgte für den musikalischen Rahmen.
Ebenfalls am gestrigen 27. März fand auf dem Marktplatz eine Performance des Künstlers Gianluca Monnier statt, der das Kopfsteinpflaster des Hildesheimer Marktplatzes mit Schwämmen reinigte. Das mit Schmutz getränkte Wasser wurde auf Leinwände getropft und erzeugte einen Effekt im Dripping-Stil Jackson Pollocks. Diese Technik erhielt so eine kontextuelle Bedeutung und symbolisiert den unaufhörlichen Fluss von Erinnerung und Schuld, der weder ignoriert noch getilgt werden kann. Die entstandenen Kunstwerke werden ab April in der Galerie im Stammelbachspeicher ausgestellt.
Fotos: oh/Stadt Hildesheim